SCHIENE regional - Bahnthemen Südwest

Elektrische Traktion auf der Schwarzwaldbahn (Teil 3)

Teil 1: 139 wird Schwarzwaldbahnlok | Teil 2: Die "Trabis" kommen! | Teil 3: BR 111 und der Interregio
Teil 4: Späte Blüte der 110 | Teil 5: Regionalzüge der letzten Einsatzjahre (1) | Teil 6: Regionalzüge (2)
Teil 7: Drehstrom auf dem Vormarsch | Teil 8: Die neue Schwarzwaldbahn-Lok 146.2 | Teil 9: Ahnen
Zusammenfassung des Einsatzes der Baureihe 110 auf der Schwarzwaldbahn von 1978 bis 2006

Die Baureihe 111 im Fernverkehr

In Teil 2 wurde das Intermezzo der Baureihe 111 vor dem "Fernexpress Schwarzwald" und der immerhin sieben Jahre lang dauernde Einsatz vor den Interregio bereits angesprochen. Die ursprünglich für 150 km/h zugelassenen Loks der BR 110 darf ab Juni 1986, wegen zunehmender Fahrwerkschäden, nur noch mit einer Höchstgeschwindigkeit von 140 km/h fahren. Die Zulaufstrecken nördlich von Offenburg erlaubten aber höhere Geschwindigkeiten - und damit kürzere Reisezeiten. Die 111 mit einer zulässigen Hg von 160 km/h ist 111 vor FD 771 Ausfahrt Offenburg somit prä- destiniert für Fernverkehrsein- sätze, deren erster ab Mai 1985 der FD 771 / 1971 wird.

Rechtzeitig vor dem Fahrplanwechsel am 26.05.1985 werden Probefahrten mit der BR 111 auf der Schwarzwaldbahn vor FD 771 durchgeführt, hier bei der Ausfahrt aus Gleis 5 in Offenburg. Die planmäßige 110 ist noch am Zug.

Als weiter Einsätze folgen ab 1987 die Züge des Vorlauf- betriebs für den Interregio. Die Zugreihung ist weitgehend einheitlich, bestehend aus einem Am und vier Mal Bm, vielfach noch in blau und grün. Mit sechs IR-Zugpaaren pro Tag zeigt die 111er dann von 1989 bis 1996 eine hohe Präsenz auf der Schwarzwaldbahn.

Der "spröden Charme" der 111er

Stellt man die Lok neben die Bügelfalten-110 in der Ursprungsausführung, so dokumentiert ihr Äußeres einen eher etwas "spröden Charme", den Ausdruck einer neuen Sachlichkeit. Mitte der siebziger Jahre braucht der Designer keine auswölbenden Verkleidungsbleche mehr einzuplanen, um der Lok ein "starkes" Aussehen zu verpassen. Ein bescheidener Lokkasten mit der Andeutung einer Bügelfalte genügt, denn überzeugend wirken eher die "inneren" Werte. Die 111 ist keine Neukonstruktion, sondern eine Weiterentwicklung der bewährten Einheitsloks - unter Verwendung der inzwischen deutlich verbesserten Steuerungstechnik. Während 1950 noch gediegene Elektromechanik entwickelt wurde, beinahe unverwüstlich, wie sich mittlerweile herausgestellet hat, ist die Elektronik und Leistungselektronik inzwischen alltagstauglich geworden. Allerdings wird nicht alles "elektronisiert", was technisch möglich wäre. Das Hochspannungsschaltwerk ist jetzt mit Thyristor-Leistungsschaltern ausgestattet. Und auch die Nachlaufsteuerung des Schaltwerks (siehe Anmerkung unten), bei der 110 und allen ihren Schwestern elektromechanisch realisiert, ist nun elektrisch. Viele Komponenten bleiben bewusst gleich, wie bei den bewährten Vorgängern, bekannte Schwächen werden aber beseitigt. Die Veränderungen an den Drehgestellen ermöglichen es, das alle 111er ohne weitere Umbauten ab 1980 für 160 km/h zugelassen werden.

111 062 mit IRE 4711 auf der Schwarzwaldbahn

Dreißig Jahre nach ihrer Indienststellung führt 111 062-6 den IRE 4711 von Karlsruhe nach Konstanz - hier am Gr. Triberger Kehrtunnel.

Ohne hier ins Detail zu gehen sieht der Betrachter jedoch auf den ersten Blick, dass aus dem Führerstand der Einheitsloks, erkennbar modifiziert aus dem der Altbauloks, ein ergonomisch gestalteter Führerraum der BR 111 geworden ist. Der Fahrstufenschalter per Handrad, zwar leichtgängig, aber doch an die mechanischen Schaltwerke der Altbau- E-Loks erinnernd, an denen noch Schwerarbeit geleistet wurde, ist verschwunden. Das Auf- und Abschalten erfordert jetzt eher fein- motorische Fähigkeiten. Klobige Instrumente und gepflegte Bedienhebel aus Messing, auch bei der 110 noch vorhanden, sie sind inte- grierten Anzeigeeinheiten gewichen. Es sieht alles sehr nüchtern aus - zeitgemäß.

Anmerkung: Schaltwerk und Nachlaufsteuerung sind die zentralen Komponenten, mit denen die vom Triebfahrzeugführer gewählte Schaltstufe in Form einer Spannung an die Fahrmotoren gelegt wird. Der Tf gibt zum Beispiel mit dem Fahrschalter (bei der 110 mit dem Fahrschalterhandrad) die Fahrstufe 8 vor. Die Nachlaufsteuerung schaltet nun Stufe für Stufe stromunterbrechungsfrei hoch (oder herunter), bis die vorgewählte Stufe erreicht ist. Die Fahrstufe entspricht wiederum dem Abgriff der Hochspannungswicklung des Doppeltransformators, der mit der Primärwicklung des Leistungstrafos verbunden ist. An die Sekundärwicklung des Leistungstrafos sind die Fahrmotoren angeschlossen. Diese Aussagen gelten nicht für die BR 141, die über eine Niederspannungssteuerung verfügt.

InterRegio auf der Schwarzwaldbahn im Juli 1990 bei Biberach (Baden) Interregio im Kinzigtal bei Biberach (Baden) auf der Fahrt nach Konstanz

Der Interregio kommt in Fahrt

Ungewohnt leise huscht seit dem 28. Mai 1989 ein blaues Band mit heller Bauchbinde über die Gleise der Schwarzwaldbahn. Im Kursbuch steht das Kürzel IR. "Das neue Angebot mit Tempo und Komfort - InterRegio - im Zweistundentakt zwischen Kassel und Konstanz" wird im Fuß der Fahrplantabelle erklärt. Geführt wird der Zug von der Lok 111 im üblichen Farbschema von 1974, ozeanblau-beige. Für die Werbefilmer musste eine bereits rot lackierte 110 den Zug über den Schwarzwald bringen. In der Regel wurden aber die 160 km/h schnellen jüngeren Schwestern eingesetzt. Sie erfüllten ihre Aufgabe, erreichten aber doch zunehmend ihre Grenzen. Mit neuen Ausbaustrecken wuchs auch der Wunsch 200 km/h zu fahren. Und so kam es ab 1996 zur Ablösung der 111 durch die Baureihe 120 und später durch Baureihe 101.

Interregio auf der Schwarzwaldbahn

Von 140 auf 0: in der Einfahrt des Bf Gengenbach wird der IR aus Kassel durch das BÜ-abhängige Ausfahrtsignal in Halt-Stellung ausgebremst.
 
Im Oktober 1989 stehen noch nicht alle Wagen zur Verfügung, wie am 1. Kl. Wagen zu erkennen ist. Aber die Mitarbeiter des ehemaligen AW Weiden (Oberpfalz) arbeiten auf Hochtouren am Umbau alter Bm, Am und ABm (Bistro) zu Interregio- Wagen.

Mit die Verdrängung durch moderne Drehstromloks verschwanden die 111er von der Schwarzwaldbahn. Aber nicht für immer. Im Gegensatz zum Angebot Interregio, das sich fünf Jahre nach der Ablösung der 111er weitgehend auflöste, wird uns die 111 ab Dezember 2004 wieder regelmäßig auf der LH Lok 111 049 vor einem IR Schwarzwaldbahn begegnen.

Das geniale Produkt "Interregio" wurde Opfer seiner besondern Stellung im Angebot der Deutschen Bahn. Die Zuordnung zum Fernverkehr war nicht eindeutig genug. Was die Kundschaft schätzte, war dem Unternehmen ein Dorn im Auge: Fernverkehr mit Erschließung der Fläche. Umsteigefreie Relationen durch ganz Deutschland - aber nicht nur für die großen Zentren. Wenn Sie mehr zum Interregio lesen möchten, empfehle ich die Geschichte des Interregio in diesem Projekt.

Einige Wochen fuhr die, durch 103 101 abgelöste, 111 049 mit dem Farbschema des Lufthansa Express im Plan der Loks, die auch vor den Interregio auf der Schwarzwaldbahn eingesetzt wurden. Auf dem Foto rechts erreicht sie gerade Offenburg.

IRE als Ersatz für den Interregio

Am 9. Juni 2001 verabschiedet sich der InterRegio bis auf zwei Zugpaare von der Schwarzwaldbahn. Das Land Baden-Württemberg als Aufgabenträger für den SPNV und DB Regio ersetzen durch gemeinsame Bemühungen das Fernverkehrsangebot durch Regionalzüge der neuen Zuggattung InterRegioExpress (IRE). In diesem Zusammenhang wird das Nahverkehrsangebots neu strukturiert. Bis zum 9. Juni verkehrt stündlich der Stadtexpress des Rheinland-Pfalz-Taktes in der Relation (Merzig -) Saarbrücken - Mannheim - Heidelberg - Karlsruhe - Offenburg. In Offenburg muss nach Freibug - Basel und Villingen - Konstanz gleichermaßen umgestiegen werden. Im Vorfeld der Neuordnung des Nahverkehrs im Rhein-Neckar-Raum entfällt die SE-Linie Saarbrücken - Offenburg. Durch den Wegfall des Interregio auf dem Abschnitt Karlruhe - Konstanz liegt es daher auf der Hand, neben den Ersatzverkehren auch die übrigen Nahverkehrszüge über die Schwarzwaldbahn nach Karlsruhe durch zu binden. Und so verkehren seit 10. Juni 2001, von wenigen Ausnahmen abgesehen, RE und IRE stündlich wechselnd durchgehend zwischen Karlsruhe und Konstanz.

Hatten sich die 143er, seit dem Jahr 2000 im DB Regio Werk Freiburg beheimatet, auf der Bergstrecke der Schwarzwaldbahn bestens bewährt, so sind sie auf der Rheintalbahn, genau genommen aber auch im unteren Kinzigtal und zwischen St. Georgen (Schwarzwald) und Konstanz, mit ihrer Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h für die Gesamtstrecke zu langsam. Die Baureihe 110, 140 km/h schnell, war bis zum Fahrplanwechsel vor den SE von Saarbrücken bis Offenburg gekommen. 110 466 vor IRE 18017 in Rastatt Sie verdrängt nun die BR 143 bis auf wenige Ausnahmen und Reserveleistungen von der Schwarzwaldbahn. Im nächsten Abschnitt wird nun der Einsatz der Baureihe 110 als Schwerpunkt behandelt. Ab Herbst 2004, soviel sei schon vorweg genommen, beginnt ein epochaler Wandel im Regionalverkehr in Südbaden.

Mit einem Zug der neuen Gattung IRE ist 110 466 am 29.08.2001 unterwegs von Karlsruhe nach Konstanz - hier in Rastatt.
Bis Oktober 2003, und damit fast genau 20 Jahre lang, fährt sie noch in ozanblau-beige durch das Rheintal und über den Schwarzwald.

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