SCHIENE regional - Bahnthemen Südwest

© 2009 by Frank-D. Paßlick, Gengenbach
 

Offenburg und der modal split:
Politische Willenbekundungen hinken hoffnungslos hinterher

Weichenstellungen?

Im Mai 2000 wurde der neue ZOB in Offenburg eingeweiht, im Herbst 2001 der Haltepunkt Kreisschulzentrum, 2005 der ÖPNV-Innovationspreis empfangen. Alles Bestens? - Leider nicht. Sieht man genau hin, denn sind selbst vermeindlich gute Nachrichten aus dem Offenburger Gemeinderat weniger erfreulich.
 

Die genannten Baumaßnahmen zur Verbesserung der ÖPNV-Situation in Offenburg waren beide wichtig, aber gelungen sind sie nicht. Weder die Anliegen der Busunternehmen noch die Aussagen von Verkehrspsychologen wurden beim Bau des ZOB berücksichtigt. Von anderer Seite wurden vielmehr dem Busverkehr durch die Fußgängerzone immer wieder Steine in den Weg gelegt, von Sperrungen für die Präsentationen der Autohäuser in der Innenstadt ganz abgesehen.

Nun ringen sich die Gemeinderäte Mitte Februar zum Beschluss eines "Integrierten Verkehrskonzepts" mit dem Zeithorizont 2025 durch: Der Anteil des Autoverkehrs in der Stadt soll von 48% auf 43% gesenkt, der des Busverkehrs von 4% auf 10% erhöht werden. Der Fahrradanteil am modal split soll von derzeit 25% auf 27% rasant anwachsen. Fußläufig sollen weiterhin 20% der Mobilitätsbedürfnisse befriedigt werden. Eine überwältigende Konzept- losigkeit! Immerhin wird der Auftrag zur Überarbeitung des Schlüsselbus-Fahrplans erteilt, der jahrelang eher den Anforderungen zur Optimierung der Fahrzeugumläufe als einer bedarfs- gerechten Bedienung der potenziellen Kundschaft genügte.

Viele Aktivitäten von ADFC, VCD u.a., aber auch erhebliche Anstrengungen der Stadt, haben Mitte der neunziger Jahr große Fortschritte für die Fahrradfahrer in Offenburg bewirkt. Durch neue Baumaßnahmen zur Bewältigung des anwachsenden Auto-Verkehrs werden die Radfahrer dagegen massiv behindert: Kreisverkehre entstehen an allen Ecken und Enden.

Wir hatten eine Zukunft - aber die liegt schon hinter uns.

Im Ortenaukreis gibt es ein ÖPNV-Verkehrsangebot mit vertakteten Fahrplänen, modernisierte Fahrzeuge bei Bus und Bahn sowie ein günstiges Tarifangebot des TGO. Trotzdem wirkt die Erziehung zum Autofahrer, denn selbst ein absolutes Halteverbot bricht oftmals nicht den vermeindlichen Anspruch auf einen Parkplatz vor dem Geschäft. Und die Geschäftswelt, vehementer Gegner der wünschenswerten Veränderung des modal split zu Ungunsten des motorisierten Individualverkehrs, belohnt einseitig den Autofahrer durch Erstattung von Parkgebühren (abgesehen von Stadtschlüsselchen). Wo bleibt der Service? Warum verständigen sich die Innenstadt-Händler nicht auf einen gemeinsamen Auslieferungsservice, unterstützt von der Stadtverwaltung, die Ansiedlungen auf der grünen Wiese mit hohen Auflagen versieht? Nun soll der Autoverkehr(santeil) in 16 Jahren um 5% reduziert werden - warum hat er überhaupt 48% erreicht? Politische Entscheidungen mit Augenmaß sind erforderlich, auch wenn sich die Einsicht zum Handeln sehr spät einstellt. Aber ein Zeithorizont von 16 Jahren lässt den notwendigen Nachholbedarf in Sachen modal split sehr schnell wieder aus den Augen verlieren.

pa (02.2009)